Wer wir sind
Geschichte und Entwicklung
Im Jahr 2006 wurde der SCR gegründet. Vorausgegangen war eine interreligiöse Feier in Bern im Jahr 2003, am Vorabend des Irakkriegs, wo die beteiligten Religionsgemeinschaften in einem Communiqué Religionsfrieden, Dialog, Begegnung und Gastfreundschaft forderten. Wörtlich hiess es darin: «Wir widersetzen uns dem Versuch, dass auf dem Hintergrund politischer Konflikte zwischen unseren Glaubensgemeinschaften Gräben des Misstrauens und der Feindschaft gezogen werden.» Der damalige SEK-Vorsitzende Thomas Wipf, der eine entscheidende Rolle bei der Gründung des SCR spielte, bezeichnete diesen als «ein sehr wichtiges Zeichen dafür, dass die religiösen Führer auf multilateraler Ebene zusammenarbeiten wollen». Die Gründung erfolgte also sowohl als Reaktion auf weltpolitische Ereignisse als auch in Anbetracht der Erfahrung eines gemeinsamen Auftretens der verschiedenen Religionsgemeinschaften. Der SCR entfaltete als weitgehend intern arbeitendes Forum unterschiedliche Aktivitäten und bezog mehrfach öffentlich Stellung. 2016 beging der SCR sein 10-jähriges Jubiläum mit einem Sonderzug unter dem Motto «Unterwegs für den religiösen Frieden». Seitdem besteht der Wille, vermehrt in die Öffentlichkeit zu gehen und die positive Funktion der Religion in der Gesellschaft sichtbar zu machen.
Struktur und Zweck
Die Mitglieder sind Vertreter ihrer jeweiligen Religionsgemeinschaft: «Der Schweizerische Rat der Religionen (Swiss council of religions: SCR) setzt sich aus leitenden Persönlichkeiten der Schweizer Bischofskonferenz, des Rates der Evangelisch-reformierten Kirche Schweiz, der Christkatholischen Kirche der Schweiz, der Metropolie der Schweiz (Ökumenisches Patriarchat), der Schweizerischen Evangelischen Allianz, des Réseau évangélique suisse und des Dachverbands der Freikirchen, des Schweizerischen Israelitischen Gemeindebundes und Islamischer Organisationen der Schweiz zusammen, welche von ihren Institutionen oder Organisationen mandatiert sind.» Er «versteht sich als eine Dialog- und Verständigungsplattform zwischen den höchsten Repräsentationen der drei Landeskirchen, der Metropolie der Schweiz, der Schweizer Freikirchen und der jüdischen sowie muslimischen Religionsgemeinschaften». Mit den Vertretern von KIOS und FIDS hatte der SCR von Beginn an zwei muslimische Mitglieder, die «eine grosse Mehrheit der organisierten muslimischen Bevölkerung» vertreten. Die Amtszeit des Vorsitzenden beträgt drei Jahre – so gab es bereits einen christlichen, jüdischen und muslimischen Vorsitzenden; seit 2015 gibt es auch einen stellvertretenden Vorsitzenden. Darüber hinaus gehören seit 2007 je eine Expertin aus Christentum, Islam und Judentum dem SCR an. Seit 2014 fungieren sie als Beirat mit der «Funktion eines Think-Tanks». Seit 2009 finanzieren die Trägerorganisationen gemeinsam ein Generalsekretariat mit einem Stellenumfang von 30%. Weitere Infrastrukturkosten trägt der EKS. Pro Jahr finden vier bis sechs Ratssitzungen mit vertraulichem Charakter statt. Der SCR versteht sich auch als Ansprechpartner für die Bundesbehörden, weshalb es regelmässig Treffen mit Vertretern des Bundesrates gibt.
Beziehungen
Das Hauptanliegen des SCR ist der öffentliche Frieden. Deshalb wird «Vertrauensbildung und Freundschaftspflege» betont. Der SCR als «Türöffner» erleichtert den Mitgliedern den Zugang zu den anderen Religionsgemeinschaften, und die im Rat gepflegten persönlichen Beziehungen tragen dazu bei, Vorurteile abzubauen. Der SCR legt Wert auf Konsens, weshalb eine jeweils einstimmige Mandatierung von Mitteilungen und Entscheidungen erforderlich ist.
Aktivitäten
Seit seiner Gründung hat der SCR mehr als 40 Medienmitteilungen veröffentlicht, die sich «gegen die Verhärtung der Fronten» richteten, das «Recht auf öffentliche Darstellung und Praxis des Glaubens» betonten, die Bedeutung sowohl der Freiheitsrechte als auch der Volksrechte hervorhoben, aber auch insbesondere in den Jahren 2015 bis 2017 Gewalt und Terroranschläge verurteilten. Eine Kernaussage lautete: «Der Einsatz für Religionsfreiheit in der Schweiz und das Engagement gegen ihre Einschränkung in anderen Ländern gehören für den Schweizerischen Rat der Religionen zusammen.» Des Weiteren veranstaltete der SCR Tagungen zum Thema «Wahrheitsanspruch und Pluralität der Religionen in der Schweiz» (2017) und zu Fragen von Religion und Staat in Kooperation mit der Universität Bern (2018). Solcher Art möchte der SCR auch anderen ermöglichen, an interreligiösen Dialogen zu partizipieren, anstatt nur Mitteilungen zu rezipieren. Die «Interreligiöse Erklärung zu Flüchtlingsfragen» geht auf eine Initiative des UNHCR-Büros für die Schweiz und Liechtenstein zurück und wurde gemeinsam mit diesem erarbeitet.
Resonanz
Der SCR wird regelmässig in den Medien genannt. Die Teilnahme an den Tagungen ist in unterschiedlicher Intensität. Die konkreten Auswirkungen der politischen Kontakte sind unterschiedlich stark ausgeprägt. Der SCR trat entschieden gegen Diskriminierung und Hassrede ein, tauschte sich am 12. Dezember 2019 mit Bundesrat Alain Berset aus und nahm erfreut zur Kenntnis, dass der Bundesrat die Besorgnis über die zunehmende Hassrede im Internet und in den sozialen Medien in unserem Land teilt und bereit ist, die Frage einer gesetzlichen Regelung zu prüfen, die Internetplattformen dazu verpflichtet, Äusserungen, die als Hassrede eingestuft werden, unverzüglich aus dem Internet zu entfernen. Der Rat rief in Zeiten der Corona-Pandemie zu einer starken Solidarität in der Schweizer Gesellschaft auf und verbreitete die Botschaft: Unsere Religionen und der Glaube an einen gemeinsamen Gott haben uns gelehrt, schwere Zeiten nicht zu fürchten, sondern mit Gottvertrauen auf eine gute Zukunft zu hoffen.
Die Vorsitzenden des Schweizerischen Rates der Religionen seit seiner offiziellen Gründung am 3. März 2006
2006 – 2011 Pfr. Thomas Wipf, SEK
2011 – 2014 Dr. Herbert Winter, SIG
2014 – 2015 Dr. Hisham Maizar, FIDS
2015 Bischof Dr. Harald Rein, CKK (i.V. Dr. Hisham Maizars)
2015 – 2018 Pfr. Dr. Gottfried W. Locher SEK/EKS
2018 – 2022 Bischof Dr. Harald Rein, CKK
Seit 2022 Bischof DDr Felix Gmür, SBK
Sternstunde Religion
Quelle: Schmid Hansjörg, Dialog als Netz. Zwei jüdisch-christlich-muslimische Initiativen im Vergleich, in: Christentum in der Neuzeit. Geschichte, Religion, Mission, Mystik. Festschrift für Mariano Delgado, hrsg. v. Michael Sievernich und Klaus Vellguth, Herder, Freiburg, Basel Wien, 2020, S. 266-283.